Gleichstellung leben und vorantreiben
Schon lange setzt sich die IG BCE für Gleichstellungsthemen ein. In den vergangenen Jahren konnten einige Verbesserungen erreicht werden – teilweise auf betrieblicher Ebene wie bei der Charta der Gleichstellung, teilweise auf politischer Ebene, etwa beim Gesetz für Frauen in Führungspositionen.
Bereits seit 2012 ist die Charta der Gleichstellung politischer Willensausdruck der IG BCE sowie Handlungsprogramm und wichtiges Analyseinstrument. Ziel der Charta ist es, Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wirtschaft für die Themen Gleichstellung und Chancengleichheit zu gewinnen. Sie definiert sechs Handlungsfelder, um Ungleichheit zwischen den Geschlechtern abzubauen: existenzsichernde Arbeit, gleiches Entgelt für Frauen und Männer, mehr Frauen in Führungspositionen, gleiche berufliche Entwicklungschancen, lebensphasenorientierte Arbeitszeiten sowie Netzwerke für Frauen. Bis zum 6. Frauentag der IG BCE am 14. November 2020 wurde die Charta von 86 Unternehmen mit rund 154.000 Beschäftigten, darunter 34.000 Frauen, unterzeichnet.
Um Ungerechtigkeiten bei der Entlohnung geht es beim „Equal Pay Day“, dem jährlichen Aktionstag zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen. Rechnet man aus der aktuellen Entgeltlücke von 19 Prozent Faktoren wie Berufswahl, Beschäftigungsumfang oder den geringeren Anteil von Frauen in Führungspositionen heraus, verbleibt noch eine bereinigte Entgeltlücke von gut sechs Prozent. 2017 wurde das Entgelttransparenzgesetz auf Druck von IG BCE und DGB verabschiedet. Über die Möglichkeiten, die sich aus dem Gesetz ergeben, hat die IG BCE ihre Mitglieder unter anderem mit der Konferenz „Die Charta bewegt: Zeit und Geld“, Info-Broschüren sowie Seminaren für Betriebsratsmitglieder informiert.
Gleiches Entgelt für Frauen und Männer – das ist nur eines der sechs Handlungsfelder, die in der Charta der Gleichstellung definiert sind, um Ungleichheit zwischen den Geschlechtern abzubauen.
Mehr Frauen in Führung
Ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen ist nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit. Viele Studien belegen, dass diverse Führungsteams ökonomisch erfolgreicher agieren. Die IG BCE fordert daher eine familienfreundlichere Arbeitswelt, damit auch in Führungspositionen Partnerschaftlichkeit gelebt werden kann. Darüber hinaus sind bessere Rahmenbedingungen, eine offene Unternehmenskultur fernab von Geschlechterstereotypen sowie Arbeitszeitsouveränität unerlässlich. Hier setzt das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) an, ein, ein Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst, welches 2021 von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde. Gemeinsam mit dem Bundesarbeitgeberverband Chemie ruft die IG BCE zudem Unternehmen dazu auf, das Engagement für Frauen in Führungspositionen deutlich zu erhöhen. Flankiert wird diese Forderung von Unterstützungsangeboten für Frauen, wie das Frauenkolleg und dezentrale Cross-Mentorings.
Im Vorfeld des 6. IG-BCE-Frauentages, der im November 2020 pandemiebedingt erstmals rein digital stattfand, haben die IG-BCE-Frauen wichtige gewerkschaftspolitische Positionen zu aktuellen Themen aus der Gleichstellungsperspektive entwickelt. Als Ergebnis konnte das für vier Jahre gültige gleichstellungspolitische Programm verabschiedet werden. Bis zum 7. Ordentlichen Gewerkschaftskongress im Herbst 2021 lautet das Motto des Programms „Gleichstellung@Work“ und rückt die Themen „Frauen in Führung“, „Partnerschaftlichkeit“ sowie „Mehr Frauen in der IG BCE“ in den Fokus. Danach heißt es für ein Jahr „Plan F – F für Frauen“. Ziel: die Gleichstellung in den Betrieben zu fördern, sie zu gestalten und mit entsprechenden Vereinbarungen und Projekten konkret umzusetzen. 2023 dreht sich alles um Frauen in Führungspositionen und Machtstrukturen, analog zum Jahresmotto „Plan M – M für Macht“. 2024 heißt es „Plan Z – Z für Zukunft“. Hierbei wird es vorrangig darum gehen, mit innovativen Formaten Frauen für eine engagierte Beteiligung an der gewerkschaftlichen Arbeit zu gewinnen.
Das Ziel, Frauen für Gewerkschaftsarbeit zu begeistern, sie zu motivieren und an die IG BCE zu binden, hat auch der Bundesfrauenausschuss mit dem Projekt „Info-Lotsinnen“ im Auge. Die Info-Lotsinnen sollen in den Betrieben zu frauen- und gleichstellungsrelevanten Themen informieren und beraten. Dafür bringen sie neben ihren Kenntnissen aus der Betriebsratsarbeit und den gewerkschaftlichen Netzwerken auch ihre Lebens- und Berufserfahrung ein und werden qualifiziert. Im Fokus stehen die Themen „Lebensphasenorientierte Arbeitszeit“, „Gleiche berufliche Entwicklungschancen“ sowie „Bedürfnisse arbeitender Eltern“. Koordiniert werden die Info-Lotsinnen über die bezirklichen Frauenausschüsse, ein Netzwerk ist geplant. Nach einer Testphase in den Landesbezirken Rheinland-Pfalz/Saarland und Westfalen sowie einer Auswertung sollen Info-Lotsinnen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt werden.
Gewerkschaften sagen nein zu Gewalt
„Unions say no to violence“ – Gewerkschaften sagen nein zu Gewalt. Im Rahmen der Weltfrauenkonferenz im Jahr 2019 hat sich dazu IndustriALL Global Union, der weltweite Dachverband der Industriegewerkschaften, erneut bekannt und stark gemacht. Nach wie vor ist die Zahl der Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt – auch am Arbeitsplatz – erleben, hoch. Der Bundesfrauenausschuss der IG BCE hat die Kampagne von IndustriALL Global Union, gemeinsam mit Landesbezirks- und Bezirksfrauenausschüssen mit einer Fotoaktion sowie einem Talk-Time-Angebot unterstützt.
Die IG BCE geht voran
Der Einsatz für gleiche Rechte hat Tradition: Es waren auch viele Gewerkschafterinnen, die sich für das 1918 in Kraft getretene Frauenwahlrecht stark gemacht haben. Um das runde Jubiläum zu feiern, veranstaltete die IG BCE im Oktober 2018 eine Konferenz zu 100 Jahren Frauenwahlrecht.
2020 hat die Gewerkschaft in ihrer Rolle als politische Vorreiterin für Gleichstellung zudem das sogenannte Gendersternchen eingeführt. Bei Bezeichnungen, die mehrere Geschlechter meinen und die eine geschlechtsneutrale Formulierung nicht zulassen, wird das Sternchen gesetzt. Das generische Maskulinum – die Verwendung der männlichen Personen- oder Berufsbezeichnung, die alle Geschlechter „mit meint“ – wird organisationsintern nicht mehr genutzt.